Mein Vater

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Dr. Karg
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Mein Vater

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Mein Vater

©Hans Hartmut Karg
2015

Streng war er schon, doch immer fair,
Gerecht verteilte er das Wenige.
Unehelich geboren hatte er es selber schwer,
Doch sah ich ihn vornehm – wie Könige!

Zugeben und sich nicht aufdrängen,
Das war sein Lebensmotto: Die Bescheidenheit.
Sich nicht mit Schmuck und Pomp behängen
Und diplomatisch sein zu jeder Zeit.

Ich dachte später, er sei infiltriert,
Ein wenig nazibraun missbraucht,
Vom Kult doch angezogen, animiert,
Vom Herrenmenschentum behaucht.

Nun, er war anders, als ich vordem dachte.
Erst später merkte ich, wie klug er war.
Mit seinen Argumenten blieb er sachte
Und liebevoll zu seiner Kinder Schar.

Unsicher war mein Vater lebenslang gepolt:
Die Vaterlosigkeit war eingeboren.
Es hatte dieses Leben weich besohlt
Und scheinbar an die Braunratten verloren.

Er war von hohem Wuchs, Zierde des Manngeschlechts,
Dazu noch schlank und rank – germanisch halt... –
Bei Nazis galt ja stets das Körperrecht:
Groß, stark, sehnig, schlank von Gestalt.

Sie brachten ihn deshalb auch zur SS,
Weil sie Aushängeschilder brauchten.
Dadurch drohte ihm der Regress,
Denn er war für die lebenslang Gestauchten.

Mein Vater war ja ein verschlossner Mann,
Der sich so nicht verheizen lassen wollte.
Er sah deshalb den Spiegel, holte seinen Kamm,
Denn sein Gewissen wusste, was es sollte.

Er stieg ablehnend aus dem Killerladen aus,
Wollte nicht töten, nicht getötet werden.
Die Sehnsucht stand nach seiner Frau im Haus –
Und schon nach Kindern, nicht nach Todgeehrten!

So schnitt man ihn, behinderte auch die Karriere
Und schikanierte ihn mit Seinesgleichen,
Versetzte ihn in ferne Todesheere,
Damit er, tot getroffen, sollte weichen.

Er wich dem nicht und wurde nun gefangen,
Die schwarzen US-Sieger sicherten sein Überleben,
Als er dort in La Flèche hungernd gegangen
In jene Not, aus der hervorgeht neues Leben.

Auch nach dem Krieg galt er reichlich aussätzig,
Wie jeder, der SS-Mann niemals werden würde.
Und man begegnete ihm dort sehr abschätzig,
Wo brauner Geist noch immer Ehrenbürde.

Nur Milchprüfer konnte er deshalb werden
Und musste dazu in das ferne Amberg ziehen,
Zapfte die Milch von kleinen Nachkriegsherden –
Sein Lebenswerk war ihm noch nicht verliehen.

Erst als sie ihn am Landratsamt genommen
Als kleinen, noch recht jungen Angestellten,
Hat er die Heimatleiter doch erklommen:
Für 123 Mark gehörte er nun zu den dort Erwählten.

Benachteiligt, weil er SS-Mann niemals werden wollte,
Nun allergiegeplagt, weil Milch er nicht vertrug –
So kam er an, niemand ihm Achtung zollte.
Im Zug – und alles war noch voller Lug und Trug!

Denn heim gekehrt musste er sich ausweisen,
Man ließ ihn zappeln, weil er reichlich frei
Und nicht gehörte zu den Nazi-Kreisen
Und nicht zum schlimmen Nachkriegsbrei.

Erst als er angestellt, konnte er leben
Mit Liebfrau und dem ersten Kind,
War fleißig und voller Bestreben,
Wie es die feinen Menschen immer sind.

So wurde er Stammvater einer Dynastie,
Die schon auf gutes Leben gründet,
Weil er auf Totenkopfweihrauch einst spie
Und wahrer Geist in große Lebensliebe mündet.

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